Yachthafen wurde übergeben
1960 konnte der Yachthafen an der Mittelmole seiner Bestimmung übergeben werden. Er war einschneidend für die Warnemünder Segelsektion. Gleichzeitig wurde nämlich ihr Gelände beträchtlich beschnitten. Die alten Bootsschuppen verschwanden. Auf ihrem Gelände entstand die heutige Straße zum Yachthafen. Das Seglerheim ging in den Besitz der Sportschule über. Für die Segler aus Warnemünde blieb nur ein Hinterzimmer offen. Man nannte es das Seglerzimmer. Das war nun der Klubraum und Versammlungsraum.
Über diesen Schritt waren alle Segler erbost. Irgendwann in den 70er Jahren ging die Leitung daran, eine eigene Bootshalle zu bauen. Darin enthalten war auch eine Werkstatt. Später entstand an der Westseite dann der Eigenbau eines Klubraumes. Käpt’n Kid gab dem Raum einen Namen. „Uns Logis“. Ein abenteuerlicher Bau. Alles musste schwarz beschafft werden. Vom Fußbodenbrett bis hin zum Schnapsglas.
Angesichts des schönen Klubraumes entstand 1971 die Idee vom „Tag des Seglers“. Urheber und Organisator war Gerhard Martens. Die einzige Seekreuzerruderregatta der Welt wurde erfunden. Zu Rennruderbooten wurden die drei sektionseigenen Seekreuzer befördert. Viele Ideen gab es zum Tag des Seglers. Sensationell das Tauziehen über den alten Strom. Segler auf der Ostseite und Feriengäste auf der Westseite. Fischkutter und weiße Flotte warteten jedes Mal, bis dieser sportliche Wettkampf beendet war.
Um bei den gesellschaftlichen Aktionen zu bleiben: Legendär war seit 1950 der alljährliche Seeräuberball. Eigentlich begann das, wie schon gesagt, sogar schon 1926 mit Seglerfest in der Südsee im Promenadenhotel. Für dieses Fest nisteten sich 1950 die Warnemünder Segler im Cafe Bechlin, heute Atlantik, ein. Die Begeisterung war so toll, dass bald größere Säle gebraucht wurden. Auch der Saal im Hotel Berringer erwies sich als zu klein. Das Kurhaus, das Haus Germania und das Promenaden Hotel wurden herangezogen. Als dann der Teepott wieder auferstanden war, gab es kein Halten mehr. Verhandlungen mit dem Konsum – Direktor verliefen äußerst positiv.
Die Kosten für das gesamte Haus waren sehr moderat, fast umsonst. Der Teepott erwies sich vorzüglich als stimmungsvoller Seeräubertreff. Der letzte Seeräuberball ging 1990 über die Bühne. Das war das Ende einer Ära.
Der Teepottdirektor aber hatte die Warnemünder Segler bald in sein Gastronomenherz geschlossen. Er sagte auch sofort zu, als die Regattabälle der Ostseeregattawoche in seinem Haus stattfinden sollten.
Der gastronomische Umsatz bei den Seglern war garantiert. Bei den Regattabällen war feiner Zwirn gefragt. Sie entwickelten sich zu klassischen Tanz- und Unterhaltungsbällen. Die Herren mit Klubjackett, die Damen mit sommerlichem Ballkleid. Auch hier gab es stets ein total ausverkauftes Haus. Besonders beliebt war die maritime Teepott-Tanzbar.
Die Sektion Segeln der BSG Motor Warnowwerft, also der heutige WSC, war beim Bau des Yachthafens an der Ostseite der Mittelmole der treibende Keil. Hierfür setzte sich uneingeschränkt Hans Ulrich Prieß ein. Als der heutige Hafen noch gar nicht in Sicht war, ließ er drei Schwimmstege für die Ostseewoche auf der Werft anfertigen. Für gute Worte, unzählige Flaschen Branntwein und wenigen hundert Mark. Alles natürlich illegal. Aus alten Aluminium- und Stahlrettungsflössen als Schwimmkörper wurden die Stege zusammen gesetzt. Diese Stege liefen von der Helling 2 vom Stapel. Fiete Zerk schleppte mit seinem Motorboot die Flöße von der Werft Helling durch den Seekanal zur Ostseite der Mittelmole. Die Schwimmstege waren damit die eigentlichen Vorläufer zum heutigen Mittelmolen – Yachthafen. Auch die Ideen zum gegenwärtigen Yachthafen Mittelmole kamen aus den Reihen der Warnemünder Segler. Treibende Männer waren Uli Prieß, sowie Rudi Westphal, Erich Schoop und eine Reihe weiterer Männer der Sektion.
Der Bau der festen Anlagen des Yachthafens Mittelmole ging im Besonderen auf die Initiative Bezirksfachausschusses Rostock und der Sektion Segeln der BSG Motor zurück. Vorausgegangen war die Vergabe der Finndinghy Europameisterschaft 1960 an Ostdeutschland. Berlin und Rostock standen als Austragungsort zur Debatte. Warnemünde konnte besser überzeugen. In 100 Tagen wurde das heutige Regattahaus aus dem Boden gestampft. Ansegeln stand im Zeichen eines Arbeitseinsatzes zugunsten des neuen Regattahauses. Die Organisation für den Bau des Regattahauses hatte erneut Uli Prieß übernommen. Und er meisterte diese Aufgabe wahrhaft perfekt.
Zur Ostseewoche 1960 wurde das Regattahaus in Betrieb genommen. Bis zur Finn-Europameisterschaft hatten sich alle Anlagen eingespielt. Bitter für den Rostocker Finnsegelsport war, dass der Rostocker Favorit Walter Gärtner nur dritter wurde. Es gewann Willi Kuhweide, BRD. Das hieß, Änderung des Programms der Siegerehrung. Es war den Warnemündern und Rostockern seinerzeit nicht zuzumuten, so hieß es, sich das Deutschlandlied anzuhören. Außerdem soll sich das Musikorchester der 4. Flottille Hohe Düne geweigert haben, die westdeutsche Hymne zu spielen. Sagte man damals jedenfalls. So wurde die EM Siegerehrung in den Saal des Hotel Hübner verlegt. Die Siegerehrung fand entsprechend den Satzungen statt, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der kalte Krieg hatte voll zugeschlagen.
Vorsitzende des Warnemünder Segel-Clubs
Die Vorsitzenden des Warnemünder Segel-Clubs wechselten relativ oft. Postamtmann Schröder war vor dem Krieg etliche Jahre Vorsitzender. Nach dem Krieg wurde Kapitän Paul Lass zum ersten Vorsitzenden gewählt. Dann lösten sich die Sektionsleiter sporadisch ab. Dr. Dieter Goldschmidt festigte in den 70er und 80er Jahren die Reihen der Sektion über ein Jahrzehnt. Zum 40. Jubiläum der Sektion Segeln 1989 hatte Dr. Hans Ziehe die Zügel in der Hand und repräsentierte die Sektion während der Jubiläumsfeierlichkeiten.
Letzter Sektionsleiter vor der Wende war Siegfried Knop. Er wickelte 1990 die alte Sektion Segeln im wahrsten Sinne des Wortes ab. Zuvor war bereits der Warnemünder Segel-Club von 1925 e.V. gegründet. Vorsitzender wurde Dr. Thomas Schmidt. Alle Motor-Warnowwerft-Segler wurden im neuen WSC aufgenommen. Die 40. und letzte Internationale Ostseeregatta 1990 konnte der bisherige Regattachef Rudi Westphal noch nach den Regeln und mit den Mitteln des Bundes Deutscher Segler der DDR austragen. Mit der letzten Regatta wurde die Flagge der „Internationalen Ostseeregatta“ eingezogen.
Diese Regattawoche ging nahezu ohne Übergang in die „54. Warnemünder Woche“ über. Die WSC-Leitung beauftragte Uwe Jahnke, WSC, die Warnemünder Woche zu neuen Höhenflügen zu führen. Doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuße. In der westlichen Seglerwelt wusste niemand wo Warnemünde liegt. Die Veranstaltung war in keinem internationalen Terminkalender ausgeschrieben. Die internationalen Stammstarter aus dem Ostblock blieben weg. Sie verfügten über keine Devisen, sprich D-Mark. Hinzu kam noch, dass alle ehemaligen ostdeutschen Teilnehmer erst einmal die weite Welt entdecken wollten. Es war der berühmte Lebensknick in allen Sparten Ostdeutschlands.
Eines muss man Uwe Jahnke und Thomas Schmidt bescheinigen, sie ließen im Kampf um die Existenz der Warnemünder Woche nicht nach. Sie widerstanden den Forderungen der Kieler und besonders der Travemünder Woche, die Warnemünder Woche nach hinten zu verschieben. Also, in den August. Die Warnemünder ließen sich nicht beirren. Erste Woche im Juli, und nichts anderes. Basta!
Olympia zweimal verpasst
Längst ist wieder Frieden eingekehrt. Zwischen jeder der drei Regattawochen Kiel, Warnemünde, Travemünde liegt jeweils eine Ruhewoche dazwischen. Uwe Jahnkes weise Beharrlichkeit hatte sich bewährt. Die Warnemünder Woche ist heute weltweit eine anerkannte Segelwoche auf dem besten Segelrevier der Ostsee. Nicht umsonst wurde Warnemünde vom Nationalen Olympischen Komitee zweimal als Austragungsstätte der olympischen Segelwettbewerbe bestätigt.
Dass die Olympischen Regatten nicht kamen, lag daran, dass die Städte Berlin wie Leipzig als Austragungsorte nicht bestätigt wurden.
Das alles ist Geschichte. Der Warnemünder Segel-Club zieht seine Bahnen, und wenn das angepeilte neue Clubhaus noch nicht gebaut wird, irgendwann wird es sicherlich entstehen. Nach Thomas Schmidt und Uwe Jahnke hat nun Wilhelm Kunna die Leitung des traditionsreichen Warnemünder Segel-Clubs übernommen. Neue Vorhaben sind bereits beschlossen. Die Warnemünder Woche wird es weiterhin geben, vielleicht wie bisher… oder in anderen Dimensionen und ganz sicherlich mit neuen Bootsklassen. Der Yachthafen Hohe Düne wird dazu beitragen.
Zusammengestellt von Gerhard Martens
hallo zusammen,
schöne, sachliche chronik! ich möchte um eine kleine korrektur bitten.
„Die erste und gleichzeitig letzte Yacht, die 1945 noch ins Wasser gesetzt wurde, war ein kleiner Küstenkreuzer vom Autounternehmen Hermann Lehmann“
dieses autounternehmen hieß zu der zeit noch Gustav Lehmann und das noch mindestens bis mitte der 70iger jahre. alles andere zu diesem abschitt ist auch mir als enkel gustav lehmanns und neffe hermann lehmanns, der später dann das autounternehmen als taxiunternehmen weiterführte, so bekannt
Danke für die sachliche Korrektur, Guido. Wir werden es korrigieren.
hallo martin,
vielen dank für die freundliche reaktion und allen warnemünder seglern wünsche ich: immer eine hand breit wasser unterm kiel!
mfg
guido weiland
Mit Interesse habe ich die Chronik gelesen. Viele der Namen, der erwähnten Personen sind mir aus den Erzählungen meines Vaters Anton Hansmann bekannt. Er war vor dem 2. Weltkrieg Mitglied im Klub und wohl auch noch kurze Zeit danach. Aus seinen Erzählungen weiß ich einiges über diesen Segelklub und bin als ganz kleines Kind auch noch mit beim Kater gewesen. Irgendwann Ende der vierziger oder Anfang der fünfziger Jahre ist er zu dritt unter anderem mit August Müller mit dem Segelboot geflohen. Die dritte Person ist mir nicht mehr bekannt. Ich selbst wohne in Eckernförde und bin Mitglied im ESC – Eckernförde und bin am und zu mit dem Boot im schönen Warnemünde. Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an meinen Vater, der 2005 verstorben ist.