Segeln

Neubeginn: die Warnemünder Woche

Nicht ganz chronologisch in diesem Vortrag kommen wir jetzt zur Warnemünder Woche. In den ersten Jahren nach der Vereinsgründung wollten die Werftsegler auch Regatten segeln. Die Gebrüder Eschenburg schlugen vor, die Warnemünder Woche wieder ins Leben zu rufen. 1950 fand die erste Seeregatta auf der Ostsee statt. Vielleicht 25 Boote beteiligten sich daran. Eine Regatta mehr schlecht als recht, denn nicht alles was schwamm, segelte auch. Als es dann auch noch sehr windig wurde, gab es verschiedene Schäden an den Yachten. Ein Rostocker Kreuzer strandete ganz nahe an der Westmole, einem Jollenkreuzer riss eine Welle das Ruderblatt aus dem Spiegel. Segelschäden an fast allen Booten. Aber niemand kam zu Schaden.

Das war eine positive Seite, auf der nun Warnemünder Vorstandsmitglieder die Idee zur ersten Nachkriegs Warnemünder Woche zu Papier brachten. Dazu musste es vor allen Dingen ein OK vom Deutschen Sportausschuss in Ostberlin geben. Mit allerlei Zugeständnissen kam das OK zustande. Zu den Zugeständnissen gehörte die Änderung des Namens von „Warnemünder Woche“ in „Ostsee Woche“. Diese Ostseewoche fand an drei Orten statt. In Wismar, Stralsund und Warnemünde.

Die Idee diese Form der Ostseewoche zu starten, entstand in Berlin. Die Berliner Segler, die auf dem Müggelsee eingeschlossen waren, wollten auch an die Ostsee. Sie waren es auch, die für die entsprechenden zentralen Genehmigungen sorgten.

Das hört sich nun nach 57 Jahren alles so einfach an. Das war es beileibe nicht. Auch in Rostock und Warnemünde mussten die Behörden und auch die Sowjets mächtig bekniet werden. Bei den SED Parteigrößen damaliger Zeit hatten die Segler ganz schlechte Karten, gehörten sie doch angeblich zum Kreis der Kapitalisten und des Bürgertums. Beides aber gab es praktisch seit der Besetzung durch die Sowjets gar nicht mehr.

Wie dem auch sei, die erste Warnemünder Woche, damals noch „Ostseewoche“, fand tatsächlich statt. Wettfahrtleiter in Warnemünde war Kapitän Paul Lass, der aus seiner Wohnung am alten Strom die Veranstaltung organisierte. Sogar aus Lübeck und Travemünde kamen Yachten. Übrigens, ein westdeutscher Jollenkreuzer strandete östlich von Wilhelmshöhe. Die Warnemünder Segler eilten sofort zu Hilfe. Sie verhinderten mit körperlichem Einsatz das weitere Stranden des Bootes.

Ein kleiner Schlepper zog das Boot aus dem gefährlichen Küstenbereich. Bei dieser Ostseewoche waren die Warnemünder Segler nicht nur Organisatoren, sondern nahmen gleichzeitig an den Regatten teil. Gerhard Martens gewann die Regatta mit einem kleinen Küstenkreuzer Namens „Sturmvogel“, dem im Krieg das Heck abgebombt war. Dem so verkürzten „Sturmvogel“ war einfach ein Spiegel angenagelt worden. Dadurch war das Boot schwimm- und segelfähig. Auch wenn es etwas leckte, dem Sieg war der Crew nicht zu nehmen. Es musste halt nur etwas mehr gepützt werden.

Die Teilnehmer aus Berlin kamen zu dieser ersten Ostseewoche nicht bis Warnemünde. Es herrschte ein steifer Weststurm mit heftiger Strömung am Darßer Ort in Richtung Ost.
Den Darß umschiffte nur die Rostocker Yacht „Axel II“ mit Steuermann Otto Weitendorf, einem Draufgänger auf dem Wasser wie auch an Land. In Warnemünde aber wurde die erste Nachkriegs – Warnemünder Woche gesegelt, auch wenn sie Ostseewoche hieß. Bei dieser ersten Ostseewoche kam auch nicht das gesellschaftliche Leben zu kurz.

Es fand im Klubhaus der Warnowwerft (ehemals Hotel Berringer) ein festlicher Begrüßungsabend und am Ende einen abschließender Regattaball statt. Zwar anfangs bescheiden, gab es aber später stets rauschende Regattabälle zu jeder Ostseewoche bis 1989. Sie gehörten einfach zur Warnemünder Segel – Tradition. Nach der Wende mussten sie Kostengründen eingestellt werden.

Für diese Warnemünder Woche 1951 wurde eigens eine Cockpitplakette zur Erinnerung an die Teilnahme geprägt. Cockpitplaketten blieben ein Bestandsteil der folgenden 40 Ostseeregattawochen. Wenn auch in verschiedenen Ausführungen und beschafft unter oft abenteuerlichen Bedingungen.

Käpt’n Kid

Wenn wir vom Anfang des Nachkriegssegelsportes in Warnemünde sprechen, muss an einen Sportfreund erinnert werden, nämlich an Käpt’n Kid, alias Günter Möller. Er kam 1952 als Seefischer zum Segelclub Warnemünde. Eine kuriose Story: Günter Möller hatte sich in Rostock eine versenkte Yacht gekauft, die einst dem Artisten Truxa gehörte. Er baute sie zum Fischkutter mit Schleppwinsch um. Der Fischboom ließ Anfang der 50er Jahre nach, und Günter Möller verkaufte den Kutter. Der neue Eigner baute ihn wieder zur Segelyacht um.

Für Käpt’n Kid hieß das nicht, ohne Boot an Land zu bleiben. Er kaufte den Russen ein altes Flusspolizeischiff ab, das zusammen mit vier weiteren auf dem Ostufer des Neuen Stromes zum Abwracken abgelegt war. Dieses Schiff schleppte Käpt’n Kid zum Segel Club auf der Mittelmole. Hier baute er den Dampfer eigenhändig zu einer schicken Motoryacht um. Die erste Motoryacht in Warnemünde! Respekt für diesen Seemann. Die Motoryacht trug den Namen „Käpt’n Kid“. Sie war eine der wenigen DDR Yachten, die in Kiel zu jener Zeit Flagge zeigen konnten.

Käpt’n Kid gehörte seit dieser Zeit dem Vorstand als Hafenmeister an. Seine Werkstatt, ein alter Bauwagen, ist legendär. Allein schon wegen seiner vielen Ersatzteile, Schrauben, Bolzen und Muttern. Der Derrikkran wurde von ihm fast 45 Jahre bestens gewartet.

4 Antworten auf „Segeln“

  1. hallo zusammen,

    schöne, sachliche chronik! ich möchte um eine kleine korrektur bitten.

    „Die erste und gleichzeitig letzte Yacht, die 1945 noch ins Wasser gesetzt wurde, war ein kleiner Küstenkreuzer vom Autounternehmen Hermann Lehmann“

    dieses autounternehmen hieß zu der zeit noch Gustav Lehmann und das noch mindestens bis mitte der 70iger jahre. alles andere zu diesem abschitt ist auch mir als enkel gustav lehmanns und neffe hermann lehmanns, der später dann das autounternehmen als taxiunternehmen weiterführte, so bekannt

    1. hallo martin,

      vielen dank für die freundliche reaktion und allen warnemünder seglern wünsche ich: immer eine hand breit wasser unterm kiel!

      mfg

      guido weiland

  2. Mit Interesse habe ich die Chronik gelesen. Viele der Namen, der erwähnten Personen sind mir aus den Erzählungen meines Vaters Anton Hansmann bekannt. Er war vor dem 2. Weltkrieg Mitglied im Klub und wohl auch noch kurze Zeit danach. Aus seinen Erzählungen weiß ich einiges über diesen Segelklub und bin als ganz kleines Kind auch noch mit beim Kater gewesen. Irgendwann Ende der vierziger oder Anfang der fünfziger Jahre ist er zu dritt unter anderem mit August Müller mit dem Segelboot geflohen. Die dritte Person ist mir nicht mehr bekannt. Ich selbst wohne in Eckernförde und bin Mitglied im ESC – Eckernförde und bin am und zu mit dem Boot im schönen Warnemünde. Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an meinen Vater, der 2005 verstorben ist.

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