Über ein Konzept für ihren Ort informierten sich gestern über 200 Warnemünder. Der Oberbürgermeister kam sogar mit einer Überraschung.
Wie ein Heilsbringer, der den Warnemündern endlich die ersehnte Sporthalle in Aussicht stellt, trat Oberbürgermeister Roland Methling gestern vor gut 200 Gäste eines Bürgerforums. Eigentlich kamen sie, um sich über ein Entwicklungskonzept für das Ostseebad zu informieren, das Leitfaden für die kommenden 15 bis 20 Jahre sein soll.
Seine Vision einer neuen Sporthalle siedelt Methling im wohl sensibelsten der Entwicklungsfelder des Ostseebades an: auf der Mittelmole. Er sprach von einer Drei-Felder-Halle mit separatem Gymnastikbereich. Mit Publikumsrängen soll sie mehrfunktional ausgerichtet und auch für Kulturveranstaltungen geeignet sein. „Warum sollte darin nicht auch einmal Roger Whittaker auftreten?“, stellte Methling in Aussicht. Der Bau der Halle könnte seiner Meinung nach 2012 beginnen. Einen Alternativstandort sieht Methling neben den Sportplätzen in der Parkstraße.
Ortsbeiratsvorsitzender Alexander Prechtel lehnt eine Sporthalle auf der Mittelmole aber kategorisch ab. Er halte die Parkstraße für den richtigen Standort. An Methling und die Planer gerichtet, appellierte Prechtel, Voraussetzungen zu schaffen, damit junge Familien nach Warnemünde ziehen können. „Es wäre schlimm, wenn Warnemünde eines Tages so alt ist, dass Roger Whittaker die Halle tatsächlich füllt“, gab er Methling unter großem Gelächter den Ball zurück.
Die Einwohnerzusammensetzung des Ortes war auch eine der Grundlagen für die Planer, die sich mit dem „Strukturkonzept Warnemündes“ befassen. Barbara Genschow, Geschäftsführerin des Rostocker Wirtschaftsinstitutes „wimes“, lieferte die Strukturdaten. Demnach ist Warnemünde der älteste Stadtteil Rostocks und hat zudem die wenigsten jungen Einwohner im Schulalter. Das hohe Durchschnittsalter sei eine Ursache dafür, dass im Ostseebad immer mehr „richtiger“, fester Wohnraum zweckentfremdet zu Ferienwohnungen umfunktioniert werde, vermutet Dr. Andreas Pfadt, Stadtplaner aus Hamburg. „Die Warnemünder verdrängen sich so selbst“, warnt er. Per Satzung sollte der zunehmenden Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen ein Riegel vorgeschoben werden. Noch könne eine Geisterstadt Warnemünde verhindert werden.
Laut Pfadt und seinem Kollegen Wolfgang Oehler vom Hamburger Planungsbüro ASW Convent sollte in Warnemünde der Bau von mindestens 500 neuen Wohnungen ermöglicht werden. Mehling spricht sogar von 500 bis 1000. Als Standorte, so habe es sich auch in den Diskussionen mit der „Fachöffentlichkeit“ in den vergangenen Monaten herauskristallisiert, kommen Gebiete inDiedrichshagen, auf der Hohen Düne, im Bereich des Güterbahnhofes aber auch in der Erweiterung der Gartenstraße und des Wiesenweges in Frage. Letzteres würde die Zukunft einiger Kleingärten in Frage stellen. Als ein weiterer Wohnungsstandort wird die Mittelmole in Betracht gezogen, wobei hier die Meinungen noch stark auseinanderdriften.
Die Mittelmole wird von ausnahmslos allen als ein städtebaulich außergewöhnliches Filetstück betrachtet. Wohnen sei dort jedoch, so scheinen sich die Experten einig, nur im nördlichen Teil, quasi hinter dem jetzigen Bahnhof möglich. Für die Zukunft dieser Halbinsel gibt es viele Wünsche, wie die vergangenen Diskussionsrunden herausstellten. Eine Mischnutzung wird vermutlich Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel und auch Beherbergungen vereinen. Die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes werde ebenso unumgänglich sein, wie der Rückbau des ungeliebten Fußgängertunnels. Einigkeit scheint unter Planern und Warnemündern zu herrschen, dass die Mittelmole so attraktiv wird, dass sie Kreuzfahrtgäste im Ort hält.
Der Artikel von Achim Treder wurde am 16.11.2010 in der Ostsee Zeitung veröffentlicht.