Der Präsident wird 50

2010 – Für Dr. Frank Bartel ist es das Jahr der Jubiläen. Am (morgigen) Donnerstag feiert der Schmerztherapeut seinen 50. Geburtstag in der DKB-Arena. Im Sommer ist Dr. Bartel dann bald 20 Jahre Mannschaftsarzt des FC Hansa Rostock und zehn Jahre Präsident des SV Warnemünde. In seiner Rostocker Praxis in der Koßfelderstraße traf die Redaktion von Hansa-Online den „Doc“ zum großen Jubiläums-Interview.

Dr. Bartel, Sie stammen aus einer sportlichen Mediziner-Familie, wem fühlen Sie sich mehr verbunden, dem Sport oder der Medizin?

Dr. Frank Bartel: Dem Sport und der Medizin.

Können Sie uns das näher erklären?

Ich wurde 1960 in eine Arztfamilie in Wittstock/Dosse geboren. Mein Vater, Dr. med. Wolfgang Bartel, war einst DDR-Junioren-Nationalspieler und Facharzt für Chirurgie. Ich habe mit fünf Jahren in Kyritz Fußball gespielt und war mit 13 Jahren als „Junger Sanitäter“ DDR-Meister. Mit 16 Jahren hospitierte ich bei meinem Daddy, wollte auch immer Mediziner und Chirurg werden. Beim DDR-Ligisten Lok Halberstadt habe ich Libero gespielt. Von 1979 bis 1985 habe ich in Halle/Saale studiert, war danach zwei Jahre Truppenarzt in der NVA-Dienststelle Prangendorf bei Tessin, begann dann in der Uniklinik Rostock. 1995 ließ ich mich als Schmerztherapeut in Rostock nieder. Hier arbeite ich seither mit meiner Frau Monika zusammen. Unsere Söhne Björn (28) und Kai (21) sind Physiotherapeuten, mein Bruder Derk (47) betreut als Sportlehrer und Chef den Sportkomplex Halberstadt.

Wie kamen Sie zum FC Hansa Rostock?

Vor 20 Jahren hatte unser Hansa-Idol Juri Schlünz mal eine Sprunggelenksverletzung. Prof. Reding von der Uniklinik Rostock schickte Juri zu mir. Als ich Juri in zwei, drei Tagen gesund bekam, rief mich der damalige Trainer Uwe Reinders an, ob ich nicht Mannschaftsarzt bei Hansa werden wolle. Ich sagte sofort zu und bin es bis heute. Nun bin ich mit unserem Zeugwart Andreas Thiem der dienstälteste Hanseat auf der Hansa-Kogge.

Das geht natürlich nicht ohne „Mannschaft“?

Klar, auch in der Medizin arbeitet man als „Mannschaft“. Dr. Uli Adam und ich begannen damals hier etwas aufzubauen. Mit Frank Scheller, früher Judoka, und Peter Meier, früher bei Blau-Weiß und Union Berlin, fanden wir schnell innovative Physiotherapeuten, die bis heute für Hansa auch schon über ein Jahrzehnt hervorragende Arbeit machen, inzwischen – immer in Absprache – sogar das Wohlbefinden der Spieler mitbestimmen. Sie sind über die Jahre sogar für Anti-Doping, Herz-Kontrolle, Zahn- und Fußpflege sowie die Ernährungsberatung der Spieler zuständig. Mittlerweile ist Uli Adam Professor in Berlin und seither arbeite ich mit dem Chirurgen Dr. Holger Strubelt, der auch die Amateurabteilung betreut, zusammen. Dazu kam Steffen Rische als Physiotherapeut und Osteopath.

Arbeiten die Bundesligaärzte Hand in Hand?

Auf jeden Fall. Mit „Blacky“ Schwarz aus Hamburg, der den HSV betreute, oder Dr. Dimanski aus Bremen, ein Halberstädter, ist man mehr als per Du. Im vergangenen Jahr in Rostock fehlte andererseits der Arzt aus Aachen. Da habe ich gleich drei Alemannia-Spieler behandelt und bekam vom Manager ein Trikot als Dankeschön

Wie viel Zeit verbringen Sie selbst für Hansa und die Medizin?

In 20 Jahren bin ich für Hansa vielleicht 300.000 km gefahren, 40 Wochenenden sind dazu im Jahr für Hansa und Vorträge ausgebucht. Manchmal habe ich Vorträge von Freitag bis Sonntag und mache am Sonnabend den Mannschaftsarzt…

Sind Sie auch privat die 112?

Ja, manchmal bin ich auch für Spieler und deren Familie der Notarzt.

Kommen auch Promis in Ihre Praxis?

Kathy Karrenbauer aus „Hinter Gittern“ oder der dicke Mecklenburger 110-Polizist Krause sowie „Balko“ von RTL waren schon mal hier, auch Rostocker Sportler wie Britta Kamrau, wie Thomas Rupprath oder Uwe Ampler kenne ich gut.

Entstanden auch Freundschaften in 20 Jahren?

Ja, Stefan Beinlich ist ein guter Freund, auch Trainer wie Andreas Zachhuber, Axel Rietentiet, Michael Hartmann oder einstige Spieler wie Heiko März, Hilmar Weilandt, Jens Dowe, Mayk Bullerjahn oder Timo Lange sind mehr als Patienten bei mir.

Von Ihnen stammt der Spruch, Sie kennen Paule Beinlichs Körper besser als dessen Frau Kathrin…

Mit Recht. Paule habe ich seit 1995 betreut, egal ob er für Hansa, Hertha, beim HSV oder in Leverkusen spielte. Er ist ein wunderbarer Mensch und guter Freund.

Ist man als Doktor einer Mannschaft auch Kummerkasten?

Ja, aber darüber redet man nicht.

Gab es auch komplizierte Fälle?

Natürlich. Oliver Neuville musste ich im Abstiegskampf in Bochum in der Halbzeit das Ohr annähen. In Paderborn hatte ich Kai Bülow nach einem Zusammenstoß von Tim Sebastian Zähne aus dem Kopf rausgeholt. Marko Rehmer wollte jede Verletzung ganz genau analysiert haben. Aber je mehr der vor dem Spiel aufgeregt war, umso besser war er im Spiel. Einmal habe ich für ihn sogar meinen Mallorca-Urlaub abgebrochen. Das war im Abstiegskampf gegen Bochum. Wir haben danach 3:2 gewonnen… und die Klasse gehalten.

Gab es auch Spieler, die Sie kaum gesehen haben?

René Rydlewicz war in acht Jahren vielleicht dreimal bei mir. Der war immer fit wie ein Turnschuh. Der verletzte sich erst in seinem letzten Training als Profi am Sprunggelenk etwas schwerer.

Haben Sie auf der Bank eigentlich auch mal die Rote Karte bekommen?

Ich bin bislang vom DFB in 20 Jahren dreimal verwarnt worden. Im Gegensatz zu unseren Trainern musste ich trotz meiner gewissen Emotionalität noch nie Strafe zahlen.

Leiden Sie auf der Bank mit Hansa?

Zum Fußball gehören Sieg und Niederlage. Mal lachst und jubelst Du. Mal weinst du und bis stinksauer. Insofern zählen die Aufstiege zu meinen schönsten Erinnerungen und die Abstiege zu meinen schmerzlichsten Erfahrungen.

Gab es in der Zeit auch kuriose Geschichten?

Im Trainingslager in Chiclana haben wir mal den Toilettengang eines Fotografen genutzt, um einen Feuerlöscher mit dessen Apparat zu knipsen. Der hat sich später über das Motiv beim Entwickeln der Bilder in Berlin gewundert. Eine Kollegin vom DSF haben wir nach unserem dritten Aufstieg in unser Entspannungsbecken in der DKB-Arena in voller Montur „mitgenommen“. Dafür durfte sie anschließend in einem Hansa-Trainingsanzug exklusiv aus dem Bus von der Sieges-Fahrt zum Bürgermeister berichten…

Wann ist im Sport für Dr. Bartel ein guter Tag?

Wenn er niemanden zu behandeln hat und wir gewinnen.

Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft?

Gesundheit. Gesundheit und nochmals Gesundheit für mich, meine Familie, alle Menschen. Ansonsten möge Hansa nie aus dem Profifußball absteigen, aber in die Bundesliga zum vierten Mal aufsteigen.

Mit freundlicher Genehmigung des FC HANSA ROSTOCK
Quelle: FC Hansa Rostock

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