Etwa seit 1890 gab es kleine Ansätze zum sogenannten „Lustsegeln“ vor Warnemünde. Bis dahin segelten nur die Fischer mit ihren kleinen Warnemünder Jollen auf See. Das nicht zum Spaß, sondern einzig zum Fischen. Stephan Jantzen, der legendäre Warnemünder Lotsenkommandeur, war der erste, der an einer sportlichen Segelregatta teilgenommen hatte. Er gewann sogar einen Pokal. Diese Regatta organisierte der Rostocker Großherzogliche Segelsport-Verein. Die Wettfahrt fand auf dem Breitling statt. Weitere kleine Regatten wurden von Rostocker Segel-Clubs seit einigen Jahren bereits auf der Ostsee ausgetragen.
Als sich Warnemünde immer mehr zum Badeort entwickelte, begann der Segelsport für die zuschauenden Badegäste interessant zu werden. Die Kurverwaltung organisierte im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts Fischerwettfahrten. Nicht nur um die Ehre segelten die Fischer, sondern schlichtweg auch um Geld.
Nachdem Warnemünde um 1900 infolge des Hafenumbaues im westlichen Ostseeraum bekannter wurde, kamen auch mehr Segelyachten aus Kiel nach Warnemünde. Kiel galt an der westlichen Ostsee als der Inbegriff des deutschen Seesegelsportes. Der deutsche Kaiser hatte in Kiel seine Yacht „Meteor“ zu liegen, und die machte die Stadt und den Segelsport berühmt. Nach Warnemünde kam der Kaiser nie.
Der Großherzog von Mecklenburg war kein so begeisterter Segler, obwohl es in Rostock einen Großherzoglich Mecklenburgischen Yacht Club gab. Warnemünde konnte sich wirtschaftlich im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts nicht mit den Rostocker Segelfreunden messen. Das hiesige finanzielle Potenzial war noch nicht so gut entwickelt, wie in Rostock. Warnemündes Einwohner kamen in der Regel aus Kreisen kleiner Kaufleute, Hoteliers, Rechtsanwälte, Beamte, Rentiers, Militärs sowie Arbeiter. Sie alle begannen sich nur vorsichtig für das sportliche Segeln zu interessierten.
Erst 1925 fand sich ein Kreis gleichgesinnter Warnemünder Männer zusammen und gründeten den Warnemünder Segel-Club (WSC). Für Frauen war der Segelsport tabu. Damals typisch! Vereinslokal war das Restaurant Jungmann am Alten Strom. Heute hat sich hier das Restaurant „Zum Stromer“ etabliert.
Vorsitzender der etwa 25 Mitglieder wurde Oberpostmeister Schröder. Als Clubstander wählten sie einen schwarzen Knurrhahn mit rotem Auge auf weißem Grund mit blauer Umrandung. Aus welchem Grund auch immer! Mit Angeln hatte der Stander jedenfalls nichts zu tun. Wer weiß, was diese Männer damals geritten hatte. Vielleicht war es einfach der Schalk, denn bei anderen Segelvereinen gab es derartige Stander nicht. Die 22 Boote des WSC lagen in den ersten Jahren noch südlich der Bahnhofsbrücke. Kleinstes Segelboot des WSC war die „Mausi“ mit 3,40 Meter Länge und es gehörte dem Eisenwarenhändler Willi Hühnemörder, ein echtes Warnemünder Original. Mit 10,47 Meter Länge war die „UDO“ des Wein- und Spirituosenhändlers Oswald Frielinghaus das größte Boot. Die Yacht von Karl Eschenburg, die „Trotzkopf“, hatte eine Länge von 5,99 Meter.
Uns sind einige Aufzeichnungen überliefert, die das Vereinsleben des WSC im Jahr 1926 schildern. So trafen sich am 10. Januar in Strahlendorfs Hotel die Mitglieder zum geselligen Beisammensein mit vorheriger offizieller Versammlung. Ob mit Damen, ist nicht überliefert. Am 26. Januar erneutes Treffen zum Zwecke der Durchführung eines sogenannten „Stiftungsfestes“. Es wurde kontrovers diskutiert. Eine Seite wollte ein Kostümfest, die andere Seite wollte ein Bordfest in südlichen Breiten. Letzteres wurde mehrheitlich mit der Auflage beschlossen, „die Herren Mitglieder und ihre Damen sollten in leichter maritimer Bekleidung seemännisches Flair ausstrahlen.“ Termin: 11. Februar 1926 in Strahlendorfs Hotel.
Die Warnemünder Zeitung schrieb damals in einer Anzeige: „Bordfest in südlichen Breiten beim WSC. Einladungslisten liegen bei Krakow aus.“ Zur Eröffnung des Bordfestes wurde das WSC Flaggenlied gesungen und Oberpostmeister Schröder hielt von der Kommandobrücke des nachempfundenen Dampfers „Knurrhahn“ eine donnernde Rede und es fand eine Neptuntaufe statt. Einige Rostocker Segler waren ebenfalls erschienen.
Für die Saison 1926 wurden zwei Vereinswettfahrten und eine Verbandsregattawoche vorbereitet. Darunter die erste Warnemünder Woche. Am 16. Mai war Ansegeln. Zwei Schleppzüge zogen die 15 teilnehmenden Boote durch die geöffnete Bahnhofsbrücke. Die Pokale für die Vereinsregatta im Juni wurden bei Goldschmiedemeister Neitzel am alten Strom ausgestellt. Heute stellt McDonalds hier seine Cheeseburger aus. Die Vereinsregatta musste wegen Sturm auf dem Breitling ausgetragen werden. In Gruppe 1 siegte die Yacht „Böig“, Steuermann Hennig, in Gruppe 2 belegte „Muschen“ mit Skipper W. Böckenhauer den 2. Platz, in Gruppe 3 war es die „Martha“, die mit Steuermann Robert Rahe gewann. In Gruppe 4 siegte die „Hein Godewind“ mit Skipper Karl Eschenburg.
hallo zusammen,
schöne, sachliche chronik! ich möchte um eine kleine korrektur bitten.
„Die erste und gleichzeitig letzte Yacht, die 1945 noch ins Wasser gesetzt wurde, war ein kleiner Küstenkreuzer vom Autounternehmen Hermann Lehmann“
dieses autounternehmen hieß zu der zeit noch Gustav Lehmann und das noch mindestens bis mitte der 70iger jahre. alles andere zu diesem abschitt ist auch mir als enkel gustav lehmanns und neffe hermann lehmanns, der später dann das autounternehmen als taxiunternehmen weiterführte, so bekannt
Danke für die sachliche Korrektur, Guido. Wir werden es korrigieren.
hallo martin,
vielen dank für die freundliche reaktion und allen warnemünder seglern wünsche ich: immer eine hand breit wasser unterm kiel!
mfg
guido weiland
Mit Interesse habe ich die Chronik gelesen. Viele der Namen, der erwähnten Personen sind mir aus den Erzählungen meines Vaters Anton Hansmann bekannt. Er war vor dem 2. Weltkrieg Mitglied im Klub und wohl auch noch kurze Zeit danach. Aus seinen Erzählungen weiß ich einiges über diesen Segelklub und bin als ganz kleines Kind auch noch mit beim Kater gewesen. Irgendwann Ende der vierziger oder Anfang der fünfziger Jahre ist er zu dritt unter anderem mit August Müller mit dem Segelboot geflohen. Die dritte Person ist mir nicht mehr bekannt. Ich selbst wohne in Eckernförde und bin Mitglied im ESC – Eckernförde und bin am und zu mit dem Boot im schönen Warnemünde. Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an meinen Vater, der 2005 verstorben ist.